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Vorzugsaktien: Was sind sie und wann sind sie sinnvoll?

Vorzugsaktien Definition

Vorzugsaktien: Was sind sie und wann sind sie sinnvoll?

Lesezeit: 8 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Stellen Sie sich vor, Sie könnten bei einer Aktie bevorzugt behandelt werden – höhere Dividenden kassieren, während andere Anleger leer ausgehen. Genau das bieten Vorzugsaktien. Aber wie bei jedem Finanzinstrument gibt es auch hier Haken, die Sie kennen sollten.

Hier ist die ungeschönte Wahrheit: Vorzugsaktien sind nicht automatisch die bessere Wahl – sie sind ein spezialisiertes Werkzeug für bestimmte Anlegertypen und Marktphasen.

Grundlagen der Vorzugsaktien

Vorzugsaktien (auch Präferenzaktien genannt) sind Wertpapiere, die ihren Inhabern bestimmte Vorzugsrechte gegenüber Stammaktionären einräumen. Der wichtigste Unterschied liegt in der Dividendenverteilung und den Liquidationsrechten.

Was macht Vorzugsaktien besonders?

Im Kern funktionieren Vorzugsaktien wie ein Hybrid zwischen Aktien und Anleihen. Sie kombinieren die Eigenkapitalbeteiligung einer Aktie mit den stabilen Ertragsmerkmalen einer Anleihe. Dr. Andreas Weber, Portfoliomanager bei der Deutschen Asset Management, erklärt: „Vorzugsaktien bieten Anlegern eine Art Sicherheitsnetz bei der Dividendenausschüttung, verzichten dafür aber meist auf das Stimmrecht.“

Kernmerkmale im Überblick:

  • Bevorzugte Dividendenausschüttung
  • Meist kein oder eingeschränktes Stimmrecht
  • Höhere Liquidationspriorität bei Unternehmensinsolvenzen
  • Oft geringere Kursschwankungen als Stammaktien

Rechtliche Grundlagen in Deutschland

Nach dem deutschen Aktiengesetz (AktG) dürfen Vorzugsaktien maximal die Hälfte des Grundkapitals ausmachen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die demokratische Mitbestimmung in Aktiengesellschaften nicht ausgehebelt wird.

Verschiedene Arten von Vorzugsaktien

Nicht alle Vorzugsaktien sind gleich geschaffen. Je nach Ausgestaltung unterscheiden sich die Rechte und Risiken erheblich.

Kumulative vs. nicht-kumulative Vorzugsaktien

Kumulative Vorzugsaktien sammeln nicht ausgezahlte Dividenden an. Fällt die Dividende in einem Jahr aus, wird sie in späteren Jahren nachgezahlt. Nicht-kumulative Vorzugsaktien verzichten auf dieses Recht – verpasste Dividenden sind endgültig verloren.

Wandelbare Vorzugsaktien

Diese können unter bestimmten Bedingungen in Stammaktien umgewandelt werden. Besonders interessant wird dies, wenn das Unternehmen stark wächst und die Stammaktien deutlich im Wert steigen.

Partizipierende Vorzugsaktien

Hier erhalten Anleger zusätzlich zur festen Vorzugsdividende noch eine Beteiligung an Gewinnsteigerungen – das Beste aus beiden Welten.

Vorzugsaktien vs. Stammaktien: Der direkte Vergleich

Performance-Vergleich der letzten 5 Jahre

Dividendenrendite:
Vorzugsaktien 4.2%
Kursstabilität:
Vorzugsaktien 8.5/10
Kursgewinn:
Stammaktien 12.8%
Liquidität:
Stammaktien 9.2/10
Merkmal Vorzugsaktien Stammaktien
Stimmrecht ❌ Meist nicht vorhanden ✅ Vollständiges Stimmrecht
Dividendenvorzug ✅ Bevorzugte Behandlung ⚠️ Nachrangig
Kurspotenzial ⚠️ Begrenzt ✅ Unbegrenzt
Liquidation ✅ Höhere Priorität ⚠️ Nachrangig

Vor- und Nachteile für Anleger

Die Vorteile auf einen Blick

Planbare Erträge: Vorzugsaktien bieten oft eine festgeschriebene Mindestdividende. Bei der Allianz SE beispielsweise erhalten Vorzugsaktionäre seit Jahren konstant 0,13 Euro mehr Dividende pro Aktie als Stammaktionäre.

Geringere Volatilität: Durch die begrenzte Kursfantasie schwanken Vorzugsaktien meist weniger stark als ihre Stammaktien-Pendants. Das macht sie attraktiv für konservative Anleger.

Besserer Insolvenzschutz: Im Liquidationsfall werden Vorzugsaktionäre vor Stammaktionären bedient – ein wichtiger Sicherheitsfaktor.

Die Nachteile ehrlich betrachtet

Begrenztes Aufwärtspotenzial: Wenn ein Unternehmen richtig durchstartet, profitieren Stammaktionäre meist stärker. Vorzugsaktionäre schauen oft in die Röhre.

Eingeschränkte Mitbestimmung: Ohne Stimmrecht können Sie als Vorzugsaktionär nicht bei wichtigen Unternehmensentscheidungen mitreden.

Komplexität: Die verschiedenen Ausgestaltungen machen es schwer, die tatsächlichen Rechte und Risiken zu bewerten.

Investmentstrategien mit Vorzugsaktien

Die Dividendenjäger-Strategie

Perfekt für Anleger, die regelmäßige Erträge brauchen. Praktisches Vorgehen: Fokus auf Unternehmen mit langer Dividendentradition und stabilen Geschäftsmodellen. Achten Sie dabei auf die Ausschüttungsquote – sie sollte nachhaltig unter 70% liegen.

Die Sicherheitsorientierte Strategie

Ideal als Baustein für das Kerndepot. Kombinieren Sie Vorzugsaktien mit Anleihen und REITs für ein ausgewogenes, ertragsorientiertes Portfolio.

Die Arbitrage-Strategie

Für erfahrene Anleger: Nutzen Sie Bewertungsunterschiede zwischen Vorzugs- und Stammaktien desselben Unternehmens. Wenn die Vorzugsaktie historisch günstig bewertet ist, kann sich ein Einstieg lohnen.

Praxisbeispiele aus dem deutschen Markt

Erfolgsgeschichte: Porsche Vorzugsaktien

Die Porsche SE Vorzugsaktien zeigen, wie es richtig läuft. Seit 2015 haben Vorzugsaktionäre nicht nur eine konstante Dividende erhalten, sondern auch von Kurssteigerungen profitiert. Der Discount zur Stammaktie beträgt nur noch rund 5% – historisch sehr niedrig.

Warnendes Beispiel: Deutsche Bank

In der Finanzkrise 2008-2009 zeigten sich die Risiken deutlich. Die Deutsche Bank musste ihre Dividende streichen – auch Vorzugsaktionäre gingen leer aus. Das verdeutlicht: Auch Vorzugsrechte schützen nicht vor fundamentalen Unternehmensproblemen.

Klassiker: Siemens Vorzugsaktien

Ein Paradebeispiel für Stabilität. Siemens Vorzugsaktien notieren traditionell mit einem Discount von 8-12% zur Stammaktie, bieten dafür aber eine leicht höhere Dividendenrendite. Für konservative Anleger ein bewährtes Investment.

Ihre Vorzugsaktien-Strategie: Praktischer Leitfaden

Bereit, Vorzugsaktien strategisch zu nutzen? Hier ist Ihr konkreter Fahrplan für den erfolgreichen Einstieg:

Schritt 1: Persönliche Eignung prüfen

  • Anlagehorizont: Mindestens 5 Jahre für optimale Ergebnisse
  • Risikobereitschaft: Konservativ bis moderat
  • Ertragsbedarf: Regelmäßige Dividendenerträge gewünscht
  • Portfolioanteil: Maximum 15-25% des Gesamtdepots

Schritt 2: Marktanalyse und Auswahl

  • Fokus auf DAX- und MDAX-Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen
  • Analyse der Dividendenhistorie der letzten 10 Jahre
  • Bewertung des Discounts zur Stammaktie (optimal: 8-15%)
  • Prüfung der spezifischen Vorzugsrechte je Unternehmen

Schritt 3: Timing und Umsetzung

  • Optimaler Einstiegszeitpunkt: Nach Dividendenabschlag oder in Korrekturphasen
  • Diversifikation: Maximal 5-8 verschiedene Vorzugsaktien
  • Monitoring: Quartalsmäßige Überprüfung der Fundamentaldaten

Pro-Tipp aus der Praxis: Nutzen Sie die höhere Planbarkeit von Vorzugsaktien für Ihren Vermögensaufbau. Reinvestieren Sie die Dividenden automatisch – der Zinseszinseffekt verstärkt sich bei regelmäßigen Erträgen überproportional.

Die Zukunft der Vorzugsaktien liegt in ihrer Rolle als Stabilitätsanker in volatilen Marktphasen. Mit steigender Inflation werden dividendenstärke Titel wieder attraktiver – eine Entwicklung, von der Vorzugsaktien besonders profitieren dürften.

Wie werden Sie Vorzugsaktien in Ihre Anlagestrategie integrieren, um sowohl von Stabilität als auch von attraktiven Dividendenrenditen zu profitieren?

Häufig gestellte Fragen

Sind Vorzugsaktien auch für Kleinanleger geeignet?

Absolut! Gerade Kleinanleger profitieren von der höheren Planbarkeit und den regelmäßigen Dividendenerträgen. Wichtig ist jedoch eine ausreichende Diversifikation – investieren Sie nicht alles in eine einzige Vorzugsaktie. Ein ETF auf Vorzugsaktien kann eine gute Alternative für den Einstieg sein.

Was passiert mit meinen Vorzugsaktien bei einer Übernahme?

Bei Übernahmen werden Vorzugsaktionäre meist gleichberechtigt behandelt. Allerdings können die spezifischen Vorzugsrechte verloren gehen, wenn das übernehmende Unternehmen keine Vorzugsaktien führt. Prüfen Sie daher immer die Übernahmebedingungen genau und behalten Sie entsprechende Ankündigungen im Blick.

Wie finde ich heraus, welche Vorzugsrechte eine Aktie konkret bietet?

Die genauen Rechte stehen in der Satzung der Aktiengesellschaft, die Sie über die Investor-Relations-Seite des Unternehmens einsehen können. Achten Sie besonders auf Dividendenvorzüge, Liquidationspräferenzen und eventuelle Wandlungsrechte. Bei Unsicherheiten lohnt sich ein Anruf bei der Investor Relations Abteilung des Unternehmens.

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